Samstag, 13. Oktober 2007

Sommer-Finale

Er stand an der Reling am Heck des Schiffes. Die letzten warmen Sonnenstrahlen schienen ihm ins Gesicht und erwärmten sein einst so kaltes Gemüt. Die kühle Seeluft wehte ihm um die Nase.

Er verließ diese Stadt nun endgültig. Es war an der Zeit. Er hatte schon viel zu lange gewartet, doch der Sommer in dieser Stadt war einfach zu schön. Nun machte er sich auf in die neue Welt. Der Sommer war vorbei. Sein Leben hier war vorbei. Ein Neues wartete auf ihn. Am anderen Ufer des großen Sees. Das Schiff spuckte hohe Wellen. Es bahnte sich seinen Weg durch das tiefe Blau. Das Festland entfernte sich, schon bald war es nicht einmal mehr ein kleiner brauner Strich am Horizont. Genau richtig für ihn. Schnell. So schnell wie möglich. Weg. Einfach weg. Ankommen. Bald ankommen. Nicht mehr zurück schauen.

Er drehte sich um und ging in Richtung Bug. Das Schiff war groß. Ein richtiger Kreuzer. Hier würde er die nächsten Tage während der Überfahrt verbringen. Niemand an Deck kannte ihn. Er war ein kleiner unbedeutender Mensch geworden. Er hatte sich verändert und das indem er das Schiff betreten hatte. Nur ein kleiner Schritt. Wolken zogen am Himmel auf. Grau und schwer legten sie sich über den grellen Ball am Horizont. Plötzlich wurde es sehr kalt. Das Ende des Sommers, der Anfang des Herbstes. Jedes Ende ist ein Anfang. Man muss nur lernen es als solchen zu betrachten.

Samstag, 6. Oktober 2007

Sommer-Soldat

Er stand da auf dem Podium und hielt seine Rede. Die letzten Zeilen, die letzten Dankesworte, Applaus, fertig. Geschafft. Strahlend stand er da, als sich die Menschenmenge vor ihm erhob und ohne Unterlass applaudierte. In ihren Gesichtern lag Bewunderung und Ehrfurcht. Ja, er war es gewesen. Er hatte es vollbracht. Sie alle waren ihm Dankbar. Er hatte sie auf den richtigen Weg geführt, indem er seinen gegangen ist, damals, im Sommer. Und jetzt bekam er den ihm zustehenden Dank. Ein herrliches Gefühl einmal das richtige getan zu haben.

Er war ein Soldat. Soldat seines Lebens. Er war sein Soldat. Doch ist nicht jeder ein Soldat, immer darauf bedacht sich und alles was einem wichtig ist bis zum Ende zu verteidigen? Manchmal ist die psychische Gewalt schmerzhafter als die Physische. Sie lässt uns zusammen sacken und macht uns unfähig klar zu denken. Was ist wohl schwieriger zu heilen? Eine Wunde im Gesicht oder eine Wunde des Geistes, wenn nicht sogar des Herzens? Es geht um Verteidigung. Sei ein Soldat deiner selbst und verteidige dich gegen das Böse. Sei frei und gehe den für dich richtigen Weg, dann wirst du deinen Horizont erweitern und mit einem reinen Gewissen deine Welt verlassen können, um in eine Neue und der Menschheit Unbekannte zu fallen. Dann bist du beim Ende angekommen.

Dienstag, 2. Oktober 2007

Sommer-Moment

Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Wie schön sie doch war. Diese Augen mit den langen schwarzen Wimpern, dieser Mund, den er schon so oft geküsst hatte, diese Nase mit den Sommersprossen auf der zarten hellen Haut. Ihre süßen Lippen formten sich zu einem noch süßeren Lächeln. Er lächelte zurück. Wie man so etwas Bezauberndes nur ohne schlechtes Gewissen in die Welt setzen konnte. Mit strahlenden Augen blickte sie ihn an. Sie blinzelte vom Sonnenlicht geblendet. Auf der Wiese lagen sie im Sonnenlicht, im Sommer. Was für ein Moment. Es war nicht wie im Märchen. Es war nicht wie im Film. Es war wie im wirklichen Leben. Einfach unbeschreiblich und einmalig. Wunderhübsch.

Montag, 1. Oktober 2007

Sommer-Bibliothek

Meine Hand durchstieß die dünne Haut des Sees und lies ihn zusammen zucken. Das Gesicht, welches sich an der Wasseroberfläche spiegelte, schien in alle Richtungen zu zerfließen und mit den kleinen Wellen meiner Handbewegungen vollends zu verschwimmen. Dann beruhigte sich das Wasser wieder und das Gesicht floss zurück in seine ursprüngliche und allen bekannte Form. Die Sonnenstrahlen funkelten auf der Oberfläche. Sie brach das Licht und warf es in jeden Winkel der Welt. Der Sommer zeigte sich von seiner besten Seite.

Ich saß am Ufer des Sees auf einem Stein. Meine Füße in das kühle Nass getaucht und in meine Gedanken versunken. Meine Freunde waren jetzt im Urlaub. Sie dachten nicht an mich. Doch ich dachte an sie. Wie unterschiedlich sie waren. Wie unterschiedliche ihre Gesichter waren. Wie viele unterschiedliche Gesichter sie hatten und wie viele ich hatte. Wie man doch auf andere wirken kann, mit nur einem einzigen Satz. Selbstbewusst oder schüchtern, poetisch oder primitiv, albern oder traurig, melancholisch oder überdreht oder, um es kurz zu sagen, anders als man selbst. Doch mit dem nächsten Satz kann sich das alles ändern. Eine winzige Geste oder eine kleine Veränderung der Mimik reicht, um den vorangegangen Eindruck für den anderen über den Haufen zu werfen. Wie oft überspielen wir unsere Gefühle mit Witz und Ironie und wie oft werden wir von unserem Gegenüber durchschaut. Ein Gesicht ist ein offenes Buch.

Jeder Mensch ist eine kleine Bibliothek. Doch ich werde mir nicht die Mühe machen alles zu erkennen. Schließlich hat jeder ein kleines Geheimnis verdient und ich meine Illusion.